Eleos
Eine Empörung in 36 Miniaturen
Caren Jeß
»Eleos« bedeutet in der griechischen Mythologie die Perfektionierung des Mitleids. Aber um Mitleiden geht es nicht. »Eleos« ist eine Partitur aus Hass. Auf kleinstem Raum. Hier treffen die Wütenden aufeinander. Ungeduld, Antipathie, Intoleranz, Missgunst, und Schadenfreude zeichnen sie aus. Dabei sind einige der Grollenden nicht ansatzweise dazu fähig, einen klaren Gedanken zu fassen oder einen Satz korrekt zu Ende zu führen. Da purzelt und gluckert es mitunter völlig sinnentleert daher. Egal! Hauptsache Dampf ablassen. Sie regen sich auf über Dosenpfand, Klimaschutz, Linke oder Rechte, Feministinnen und zu komplizierten Sex. Sie sind Teil einer komfortablen Gesellschaft und jammern auf hohem Niveau, denn sie profitieren vom Massenkonsum, nehmen soziale Unterschiede in Kauf und sie sind zu Gewalt bereit.
Caren Jeß ist eine scharfe Beobachterin des Alltäglichen. In 36 Miniaturen reden sich die Protagonist*innen in Rage und um den Verstand. Mit hohem Tempo und in einem nahezu musikalischen Rhythmus kommen die skurrilen Miniszenen daher. In ihnen steckt viel Humor. Jede Szene ist präzise auf die Schlusspointe zugespitzt.
»Die Autorin schaut den Empörten schonungslos aufs Maul. Sehr vergnüglich wird es dann, wenn die Figuren sich mal wieder hoffnungslos verheddern und sich selbst ad absurdum führen«, sagt Regisseurin Lisa-Maria Schacher.
mit: Olaf Danner, Matthias Gärtner, Sebastian Kremkow, Fabio Savoldelli, Theresa Weihmayr
- Regie und Video
- Lisa-Maria Schacher
- Ausstattung
- Manuela Weilguni
- Musik
- Malik Diao
- Dramaturgie
- Gabriele Rebholz
- Regieassistenz
- Negar Boghrati
- Inspizienz
- Susanne Wimmer
- Soufflage
- Constance Chabot-Jahn
- Theatervermittlung
- Bernadette Wildegger
»Wie Fabio Savoldelli mit großen Schritten und vorsichtigem Ernst über diese behauptete Tierleiche steigt, wie alle anderen ins Nichts staunen und sich fast zärtlich anlehnen, das ist einfach großartig. Wie übrigens der ganze Abend. ›Eleos‹ hat Caren Jeß ihren Theatertext genannt, der das Gefühl der Empörung in 36 Miniaturen kleidet – mal reißerisch, mal exaltiert, mal wunderlich, mal kapriziös, aber thematisch wie sprachlich stets unberechenbar. (...) Fünf großartige Schauspieler stehen ihr [Regisseurin Lisa-Maria Schacher] mit Olaf Danner, Matthias Gärtner, Sebastian Kremkow, Theresa Weihmayr und Fabio Savoldelli zur Verfügung, die in schwarzen Jogginganzügen in der weiß ausgepolsterten Bühnen-Zelle (Manuela Weilguni) Hochleistungssport betreiben. Ein minuziös choreographiertes Spektakel hat Regisseurin Lisa-Maria Schacher da ersonnen und für die formal und stilistisch höchst unterschiedlichen Miniaturen zwischen Not und Hass erstaunliche performative Übersetzungen gefunden. ›Eleos‹ ist ein berückender Theaterabend mit hohen Empörungspotenzial, der durch Gelächter und Mitleid dann irgendwie doch kathartische Wirkung erzielt. Der begeisterte Applaus zeugt davon.«
»So hinreißend intelligent kann Unterhaltung sein. Und noch dazu: So witzig und kunstvoll kann man all die Shitstorms, die Aufgeregtheiten über Nichtigkeiten und die politisch bedenklichen Wutattacken und Empörungen ad absurdum führen und entlarven. Dies ist hier vor allem zwei Frauen zu verdanken. Der 1985 geborenen Autorin Caren Jess und der Regisseurin am Stadttheater Ingosltadt Lisa-Maria Schacher. Sowie einem nicht nur spielfreudigen, sondern mit aberwitziger Exaktheit bisweilen im Tic-Toc-Schnitttempo agierenden und skandierenden Ensemble (...) Es wird viel gelacht über diese pointierten Texte und die Bravour, mit der die 5 Darsteller*innen den Sprachrhytmus oder unterschiedliche Betonungen und Bedeutungen wie ein Musikstück performen. Und es gibt immer wieder Szenenapplaus für die originellen Einfälle, mit denen Regisseurin Lisa-Maria Schacher mit diesem Ensemble jede Szene anders aufgelöst und dafür eine neue Spielweise gefunden hat.«