Geschichten aus dem Wiener Wald
Volksstück von Ödön von Horváth
In einer stillen Wiener Straße mit Metzgerei, Tabakladen und Spielzeuggeschäft lebt Marianne, Tochter des Zauberkönigs. Eigentlich verlobt mit dem soliden, aber spießigen Metzger Oskar, lässt sich Marianne mit dem leidenschaftlichen, aber zwielichtigen Alfred ein – eine Entscheidung, die Mariannes Leben weitreichend verändert: Die Affäre fliegt auf und die Verlobung wird gelöst. Auf die anfangs aufregende Verbindung mit Alfred folgt der soziale Abstieg und Marianne muss sich fragen, wie sie noch das gemeinsame Baby ernähren können. Marianne landet als erotische Tänzerin in einem Nachtlokal. Als das auffliegt, will Mariannes Vater, der Zauberkönig, fortan nichts mehr mit ihr zu tun haben. Zu allem Übel wird sie auch noch fälschlicherweise des Diebstahls beschuldigt und landet in Haft. Also gibt sie ihr Kleines schweren Herzens zur Schwiegermutter. Eine Möglichkeit scheint sich für Marianne schließlich doch noch aufzutun, um wieder in ihr altes Leben zurückzukehren: Ihren Ex-Verlobten Oskar zu heiraten – der würde sie zurücknehmen, aber ohne das Kind. Ein Preis, den Marianne eigentlich nicht zu zahlen bereit ist, doch dann stirbt ihr Kleiner an einer Lungenentzündung – von Alfreds Großmutter absichtlich herbeigeführt.
Horváth bezeichnete sein Theaterstück bewusst als »Volksstück«. Er wollte die Tradition betonen, in die sich das Stück einreiht, und gleichzeitig eine neue schaffen: »Mit vollem Bewusstsein zerstörte ich das alte Volksstück, formal und ethisch, und versuchte als dramatischer Chronist die neue Form des Volksstücks zu finden«, erklärte der Autor.
Regisseurin Julia Prechsl: »In Horváths ›Geschichten aus dem Wienerwald‹ bekommt die scheinbar heile Welt zunehmend Risse: Sexismus, Rassismus und Klassismus - die auch unsere Gegenwart prägen - fressen sich aus und in die Figuren, bis sie daran zerbrechen. Was die Protagonistin Marianne und eine emanzipierte, heutige Gesellschaft dem entgegenzusetzen haben, ist Fokus dieser Arbeit.«
mit: Péter Polgár (Alfred), Peter Reisser (Zauberkönig), Matthias Gärtner (Oskar), Fabio Savoldelli (Havlitschek), Chris-Pascal Englund Braun (Hierlinger Ferdinand / Erich), Manuela Brugger (Mutter), Kathrin Becker (Großmutter), Clara Schwinning (Marianne), Nicola Lembach (Valerie), Theresa Weihmayr (Baronin / Fräulein Emma ), Anastasia Denim (Ida), Hanna Glöckl (Ida)
- Regie
- Julia Prechsl
- Musik :
- Fiete Wachholtz
- Bühnenbild
- Valentin Baumeister
- Kostümbild
- Miriam Waldenspuhl
- Kostümassistenz
- Milena Keller
- Choreografie
- Chris-Pascal Englund Braun
- Dramaturgie
- Isabel Ilfrich
- Regieassistenz
- Verena Wais , Angelika Ebert
- Theatervermittlung
- Lena Hilberger
- Inspizienz
- Rowena Haunsperger
- Soufflage
- Constance Chabot-Jahn
»Was für ein Abend! Einer, der unter die Haut geht. Weil Ödön von Horváths garstig genaue Sätze zwar schon fast 100 Jahre alt sind, aber die Transformation seiner Themen ins Heute erschreckend gut gelingt. Julia Prechsl hat das 1931 uraufgeführte Stück ›Geschichten aus dem Wiener Wald‹ ins Große Haus des Stadttheaters Ingolstadt gebracht – in einer aufregenden Ästhetik und mit einem furiosen Ensemble.«
»Diese Aufführung besticht durch den souveränen Zugriff, mit dem die junge Regisseurin Julia Prechsl die starken Emotionen und Abgründe erlebbar macht, die in Ödon von Horvaths harter Sprache unter der Oberfläche von Alltagsdialogen liegen. (...) Das alles funktioniert auch (...) so berührend, weil mit Clara Schwinning eine wunderbare Hauptdarstellerin als Marianne auf der Bühne steht.«
»Ganz entscheidend geprägt wird [die] Gefühlsdichte von Fiete Wachholtz als Live-Musiker in seinem Eck, aus dem ständig der emotionale Schwung der Handlung auf die Bühne peitscht, tost und trommelt, mal brodelnd, mal rhythmisch akzentuiert, von ›Wanda‹ bis ›Florence and the Machine‹. Dieser emotionale akustische Rückraum trägt dazu bei, dass die gesamte Inszenierung so kräftig ist, wie sie ist. Und natürlich tragen das auch die Darsteller, die sehr weit gehen im Darstellen von Verletzung, Verletzen und Selbstverletzen, sich ins Stück hineinwerfen und ins Bühnenwasser.«