Der Festivalurlaub ist schon eingetragen

Die Publikumsjury trifft sich erstmals, um Bewertungskriterien für Bayerische Theatertage zu diskutieren.

Die Publikumsjury

Wie bewertet man als Laie eine Theaterinszenierung? Diese Frage stand im Mittelpunkt des ersten Treffens der Publikumsjury, die sich für die 39. Bayerischen Theatertage am Stadttheater Ingolstadt zusammengefunden hat. Mehr als 20 Mitglieder – Abonnenten sind unserem Aufruf genauso gefolgt wie Studentinnen – werden von 29. Mai bis 16. Juni insgesamt 26 Vorstellungen von Theatern aus ganz Bayern ansehen, um die in ihren Augen beste Produktion am letzten Festivaltag mit einem Preis auszuzeichnen.

Willkommen, bienvenue, welcome im KitKatClub: Die zweite Hauptprobe von »Cabaret« kurz vor der Premiere Ende Januar bot sich für die bunt gemischte Gruppe an, das Bewerten schon einmal zu üben. »Es hat mich einfach gepackt, als ich von der Publikumsjury gelesen habe«, erläuterte eine Besucherin ihre Teilnahme. »Da dachte ich mir, das mach‘ ich jetzt einfach.« Ihre Nebenfrau ergänzte: »Es sind so schöne Stücke im Programm, ich wollte unbedingt mitmachen. Ich freue mich sehr darauf!« Nach einer kurzen Einführung am Bühneneingang durch Projektleiter Georg Kistner ging es ins Große Haus, wo Regisseur und Schauspieler Philipp Moschitz das Publikum begrüßte. »Das ist eine Probe, wir sind also noch nicht ganz fertig. Die Lichteinstellungen zum Beispiel müssen noch finalisiert werden«, betonte er.

Bei den Bayerischen Theatertagen wird das natürlich ganz anders sein: 26 von einer professionellen Fachjury ausgewählten Inszenierungen wollen die Zuschauer*innen begeistern. Der Preis der Publikumsjury wiederum soll als kleine Anerkennung dienen. »Eure Aufgabe wird es am Ende sein, eine Gewinnerproduktion zu bestimmen«, teilte Kistner im Anschluss an die Hauptprobe von »Cabaret« – das übrigens nicht Teil des Festivalprogramms ist – im Theaterrestaurant Backstage mit. »Das wird nicht leicht, weil so viele unterschiedliche Inszenierungen von Oper bis Slapstickkomödie zu sehen sein werden, vor allem auch von freien Theatern. Ich bin gespannt, wie Ihr das bewertet!«

Das waren die Jurymitglieder auch – hatten sie doch viele Fragen zu den vorgeschlagenen Beurteilungskriterien auf dem zuvor ausgeteilten Bogen: »Wir sind ja alle Laien«, stellte ein Teilnehmer der gut gelaunten Runde fest. »Was gehört also zum Beispiel alles zur Regie?« Daraufhin klärte die Gruppe einige Eckpunkte, die für eine Evaluierung wichtig sein können: Wie war der Gesamteindruck? Hat mich die schauspielerische Leistung überzeugt? Gefällt mir die Ausstattung wie Bühnenbild und Kostüm? Haben sich meine Erwartungen erfüllt? »Am wichtigsten ist, dass Ihr Euch an Euer eigenes Empfinden haltet«, sagte Kistner. »Wenn Ihr merkt, dass Ihr Euch über die Vorstellung gefreut oder geärgert habt, wird das schon seinen Grund haben.« Dabei könne es auch sein, dass innerhalb der Gruppe unterschiedliche Meinungen aufkommen.

Natürlich können nicht alle Jurymitglieder jede der 26 Produktionen besuchen. »Sechs bis sieben Vorstellungen werden es jeweils sein«, schätzte Kistner. »Für jeden Theaterenthusiasten müsste das innerhalb der drei Wochen zu schaffen sein, alle anderen sollten sich jetzt noch einmal überlegen, ob sie hier richtig sind«, scherzte er, denn es gilt selbstverständlich: »Alles kann, nichts muss.« Der eine oder die andere hat sich allerdings für den Zeitraum der Bayerischen Theatertage schon Urlaub genommen, und zu hören war auch: »Na, dann muss ich den Sport halt mal ausfallen lassen.«

Mindestens fünf Jurymitglieder sollen jeweils eine Vorstellung besuchen und hinterher mithilfe von Notizen im Rahmen eines Notensystems beraten, wie diese abgeschnitten hat. Zum Festivalende muss sich die ganze Gruppe einigen, welches Theater mit seiner Inszenierung am überzeugendsten war und bei einer Soiree am letzten Tag den Preis ausgehändigt bekommt. »Das ist wie bei der Papstwahl, am Ende muss weißer Rauch aufsteigen«, meinte ein Teilnehmer augenzwinkernd.

Nach dem Austausch der Kontaktdaten – organisiert wird die Publikumsjury nun über eine WhatsApp-Gruppe – vereinbarte die Runde den Termin für das nächste Treffen am Mittwoch, 28. Februar, ab 19:00 Uhr im Backstage. An diesem Abend wird vereinbart, wer sich welche Vorstellung der Bayerischen Theatertage zu Gemüte führen wird. Spätestens dann steht nämlich auch endlich der Festivalspielplan fest!