Der Fall der Götter
Nicola Badalucco/Enrico Medioli/Luchino Visconti/Tom Blokdijk
Für die Bühne bearbeitet von Tom Blokdijk
Eine Gesellschaft am Abgrund.
Grenzen werden geschlossen, die Presse zensiert, Journalisten verhaftet. Die Opposition wird mundtot gemacht. Nationalismus und Rassismus bestimmen die Entscheidungen der Regierung. Diese Regierung wurde frei gewählt. Aber die freien Wahlen werden nun abgeschafft. Und das Parlament stimmt seiner eigenen Entmachtung zu. Eine starke Partei, ein starker Führer. Eine reiche Industriellenfamilie versucht das Imperium zu retten. Was ist zu tun? Anpassung, Widerstand? Der Konflikt zerreißt die Familie. Die gesellschaftlichen Konflikte spiegeln sich im Privatleben. Man geht bis zum Mord – im Kampf um die Macht.
Anlässlich der Uraufführung dieses Stückes durch Ivo van Hove in Avignon (2016) schreibt die Süddeutsche Zeitung: »Mit dem Stück will van Hove vor dem wachsenden Rechtspopulismus in der Welt warnen. Er habe Angst vor der zunehmenden Verbindung von Politik und Religion. Man müsse Staatsmänner wählen, die in der Lage seien, dieses Problem anzugehen. (…) Wenn nicht, würden Parteien wie Front National gewinnen oder Neu-Politiker wie der Amerikaner Donald Trump. In seinen Augen könne das so grausam wie in ›Der Fall der Götter‹ werden.«
Eine Einführung zu »Der Fall der Götter« in Form eines Podcasts finden Sie hier.
- Inszenierung und Raum:
- Donald Berkenhoff
- Kostüme:
- Andrea Fisser
- Dramaturgie:
- Dr. Judith Werner
- Künstl.-techn- Produktionsleitung + Betreuung Bühne:
- Manuela Weilguni
- Kostümbildassistenz:
- Elena Friesen
»Eine sehr dynamische Neujustierung, ja Neuverfilmung des Stoffs« sei Donald Berkenhoff mit seiner Inszenierung von Tom Blokdijks Stückfassung zu Luchino Viscontis Film »Die Verdammten« gelungen, lobt Christian Muggenthaler in der »Nachtkritik«. Denn Berkenhoff bediene sich einer überzeugenden, belastbaren Grundidee, schalte vom Rückwärts- in den Vorwärtsgang, von der Vergangenheit ins Futur. »So entwirft man in Ingolstadt mal eben als Eröffnungspremiere die düstere Vision eines zukünftigen Deutschlands, die ausgestattet ist mit allen möglichen beunruhigenden Zeichen und Zitaten der Gegenwart. Passend zum erfreulich forschen Motto der neuen Spielzeit: ,Wir sind das Volk.‘«, schreibt Muggenthaler. Neben der Verortung im Jetzt, der »zackigen Atemlosigkeit der Inszenierung« und der »feine(n) Idee Nummero zwo«, das Stück durch eine zweite Spielebene wieder zum Film zu machen, lobt er vor allem das Ensemble. »Es ist schlicht grandios, wie Enrico Spohn den Irrsinn seiner moralisch zerfledderten Figur Martin Essenbeck zur Grimasse verdichtet, wie Sascha Römisch sich in der Doppelrolle von Joachim Essenbeck und Friedrich Bruckmann in einer hinreißend komischen Szene als Mörder und zugleich Opfer praktisch selbst erschießt oder wie Sandra Schreiber in einem Augenblick von der russischen Prostituierten Olga zu deren missbrauchter Tochter Lisa mutiert.«
»Zu Beginn einer neuen Saison kann ein Theater auf Nummer sicher gehen und sich mit einem Klassiker erst mal warmspielen. Oder es schlägt die entgegengesetzte Richtung ein und geht gleich mutig in die Vollen. Für letzteres hat sich das Ingolstädter Stadttheater entschieden und mit ,Der Fall der Götter‘ … ein erstes Ausrufezeichen gesetzt«. So beginnt Florian Welle von der Süddeutschen Zeitung seine Rezension, um auch im Fortgang den Mut und die Radikalität der Produktion zu loben. Donald Berkenhoffs Inszenierung wirke, als sei »,La caduta degli diei‘ in einen neunzigminütigen Schleudergang geraten, an dessen Ende man sich verwundert die Augen reibt«, staunt der Kritiker . Er goutiert ebenso die Aktualisierung der Stückvorlage in die »Welt im Hier und Jetzt, über die Frank-Walter Steinmeier schon vor zwei Jahren gesagt hat, sie sei aus den Fugen« als auch die »performative Versuchsanordnung« der Inszenierung. Sein Fazit: »Donald Berkenhoffs ,Fall der Götter‘ ist einer der ganz besonderen Art. Eine Bestandsaufnahme der Gegenwart mit Anleihen in der Geschichte, angesiedelt zwischen Clownerie und Tragödie, albern, wütend und bitterböse zugleich.
Am Freitagabend eröffnete die Premiere von »Der Fall der Götter« die neue Spielzeit im Großen Haus. Als »bildgewaltige Inszenierung, die (…) mit einer verstörend scharfen Analyse der Gegenwart aufwartet« bezeichnet der Donaukurier Berkenhoffs Fassung anerkennend. Weiter heißt es: »In einem großen, bunten Spektakel führt Berkenhoff die Psychopathologie einer Familie vor: Keimzelle und Spiegel der Gesellschaft«. Lobend erwähnt der Donaukurier die schauspielerische Leistung des Stücks, das der Regisseur »mit seinem unglaublich spielfreudigen Ensemble eindrucksvoll« auf die Bühne bringt. »Einige Schauspieler haben Mehrfach-Rollen zu bewältigen, was (…) eine vielschichtigere Rollenzeichnung zulässt. (…) Alle [Figuren] stehen in einem diffizilen Abhängigkeitsverhältnis zueinander – und die Schauspieler zeigen das virtuos«. »Donald Berkenhoff ist mit dieser Inszenierung ein scharfsinniger Kommentar zur Gegenwart gelungen«, für den es »langen Applaus« gibt.