Der Meister und Margarita
Schauspiel nach dem Roman von Michail Bulgakow
Ein Land hat sich zu einem Überwachungsstaat entwickelt und dessen geradezu irrationale und dabei unheimlich konsequente Bürokratie lässt das Land zu einer riesigen Groteske erstarren. Ein bürokratisches System nimmt den Menschen jede Freiheit, alles ist reglementiert und wird von Leuten bestimmt, die völlig inkompetent sind. Wie wehrt man sich dagegen und versucht die eigene Freiheit und die künstlerische Freiheit zu behaupten? Sucht man den Freiraum im Irrenhaus, versucht man es mit Anarchie? Der russische Autor Michail Bulgakow hat zu diesem Thema einen großartigen Roman geschrieben. Bis zu seinem Tod arbeitete Bulgakow an seinem großen Racheroman – für die Schublade (oder für Stalin als einzigen Leser), ohne jede Aussicht auf Veröffentlichung zu Lebzeiten. Erst 1966 durfte der Roman zensiert veröffentlicht werden. Seitdem gehört er zur Weltliteratur. Der Teufel selbst ist es, der in diesem Roman stellvertretend Rache übt für die erlittene Schmach des Dichters, indem er mit seinen Kumpanen in Moskau einzieht und das profane und bürokratische Leben dort auf fantastische Weise in einen mörderischen Albtraum verwandelt. Alles beginnt mit dem atheistisch geprägten Gespräch des Lyrikers Besdomny und des Redakteurs Berlioz über die Frage der Existenz Jesus und der Art dieses Wanderpredigers, wenn er denn tatsächlich gelebt haben sollte. Ein Ausländer mischt sich nicht nur in das Gespräch ein und behauptet, er selbst habe Jesus im Gespräch mit Pontius Pilatus erlebt, sondern prophezeit dem Redakteur auch seinen unmittelbar bevorstehenden Tod durch die Straßenbahn. Als diese Prophezeiung kurz danach wie vorausgesagt eintrifft, meldet Besdomny diesen fürchterlichen Fremden, den er für einen Spitzel hält, bei den Behörden, die ihn umgehend wegen offenkundiger geistiger Verwirrung in eine Irrenanstalt einweisen. Einmal hier eingewiesen ist ein Entkommen so gut wie unmöglich. Der Fremde aber ist niemand anders als der Teufel selbst, der durch die Jahrhunderte eilt und sich jetzt daran macht, die erstarrte Sowjetunion »aufzumischen«. In der Folge teilt sich die Handlung in mehrere Erzählstränge. Da ist einmal der unglückliche Besdomny, der in der Nervenanstalt einen Schriftsteller, den ›Meister‹ trifft, der von dem ultimativen Roman und von seiner Geliebten Margarita träumt und erzählt. Im zweiten Strang treibt der Teufel mit dem Namen Voland zusammen mit seinen merkwürdigen Gesellen sein magisches Unwesen in Moskau, »beamt« den Direktor der Anstalt in Sekunden zweitausend Meilen weiter nach Jalta, lässt andere unsympathische Menschen verschwinden und veranstaltet einen magischen Ball, bei dem er alle Teilnehmer verhext. Der dritte Erzählstrang schließlich führt zweitausend Jahre zurück zu einem Gespräch zwischen Pontius Pilatus und Jeschua Hanosri (Jesus), das sich eher geschäftsmäßig und hemdsärmelig zwischen einem desillusionierten Machtmenschen und einem engagierten und halb verzweifelten Philosophen abspielt. Im weiteren Verlauf entwickeln sich alle drei Erzählebenen weiter. Margarita taucht auf und findet einen mittlerweile von den Zuständen zerstörten und orientierungslosen ›Meister‹ vor. Der Teufel zieht seine zynische und doch so treffsichere Spur durch Moskau und die Lebensumstände der Protagonisten, und Jeschua schließlich wird gegen den Rat des Pilatus von den Hohepriestern dem Tod überantwortet. Am Ende bleibt offen, ob sich der Meister und Margarita in einer normalen Existenz wieder finden, was mit der vom Teufel durcheinander gewirbelten Moskauer Gesellschaft geschieht und wie die jüdische Gesellschaft und vor allem Judas mit der Kreuzigung des Jeschua fertig werden. Gastspiel am 27.05.2011 im Rahmen der 29. Bayerischen Theatertage in Bamberg. Mehr Infos auf: www.bayerische-theatertage.demit: Richard Putzinger (Iwan Nikolajewitsch Besdomny / Levi Matthäus), Rolf Germeroth (Michail Alexandrowitsch Berlioz), Ulrich Kielhorn (Dr. Strawinski / Pontius Pilatus), Peter Greif (Wirt / Diswas), Marie Ruback (Anuschka / Krankenschwester / Marcus Rattenschlächter), Renate Knollmann (Natascha / Limonadenverkäuferin / Gestas), Stefanie Breselow (Margarita Nikolajewna / Jeschua Ha-Nozri), Vera Weisbrod (Voland), Sascha Römisch (Der Meister), Peter Reisser (Korowjew), Enrico Spohn (Kater Behemoth / war-Rawwan)
- Regie:
- Johanna Schall
- Bühne:
- Horst Vogelgesang
- Kostüme:
- Jenny Schall
- Musikalische Leitung:
- Tim Allhoff
- Choreografie:
- Brian Solomon
- Dramaturgie:
- Matthias Grätz
Premiere am
Großes Haus