Dantons Tod
Drama von Georg Büchner
»Der Mann am Kreuze hat sich‘s bequem gemacht: es muss ja Ärgernis kommen, doch wehe dem, durch welchen Ärgernis kommt! Es muss; das war dieses Muss. Wer will der Hand fluchen, auf die der Fluch des Muss gefallen? Wer hat das Muss gesprochen, wer? Was ist das, was in uns lügt, hurt, stiehlt und mordet?« (Danton im Stück) Die Revolution liegt schon am Boden, wenn das Stück beginnt. Robespierre wird Danton und seine Freunde aufs Schafott bringen, die Diktatur die Nachfolgerin der Revolution sein. Paris: Frühjahr. Siebzehnhundertvierundneunzig. Der ›Paradegaul der Französischen Revolution‹ quittiert seinen Dienst. George-Jacques Danton, der populäre Agitator, der mehrfach an entscheidenden Wendepunkten des revolutionären Prozesses die Massen zur Durchsetzung und Verteidigung der Revolution mobilisierte, beschließt, sein politisches Engagement zu beenden. Er entscheidet sich für die »Rückgabe seines Mandats« und bricht mit seiner revolutionären Vergangenheit. Damit beginnt Dantons Tod, der Abschied von einer Illusion, die sich einmal in den Worten Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit manifestierte und die er, wie kaum ein zweiter, verkörperte. Sein neues Leben, ein betäubendes Eintauchen in den städtischen Amüsierbetrieb, trägt unverkennbar den bitteren Beigeschmack von Resignation. Danton weiß: Das Räderwerk der Revolution wird ihn zermalmen. Während es sich die neureichen Deputierten um Danton gut gehen lassen, sind die Gassen der Stadt voll erregter Menschen, denen die Revolution bis zu diesem Tag nur unerfüllte Versprechen und Freiheitsrechte eingebracht hat, die weder ihren Hunger stillen, noch vor Kälte schützen. Die von der Revolution erhoffte zweite Chance ist ihnen versagt. Daran ändert auch Robespierres »Neues Programm« nichts. Von der Unzufriedenheit der Massen gedrängt, kündigt Robespierre die nächsten revolutionären Maßnahmen an, die sich allerdings in der öffentlichen Zurschaustellung der Macht erschöpfen. Die Zahl der Opfer wächst, Danton und seine Anhänger gehören dazu. Die Revolution verschlingt wie Saturn ihre eigenen Söhne. Als Büchner ›Dantons Tod‹ 1835 schrieb, 46 Jahre nach der Französischen Revolution und nur wenige Jahre vor der deutschen bürgerlichen Revolution von 1848, war er 22 Jahre alt. Gerade hatte er mit seinen Freunden den ›Hessischen Landboten‹ herausgegeben und illegal vertrieben. In nur fünf Wochen verfasste er das Drama, in eben jenem Augenblick, da er selbst Gefahr lief, auf Grund seiner politischen Aktivitäten verhaftet zu werden. Büchners Blick auf die Französische Revolution ist bestimmt durch das Wissen um ihr blutiges Ende und zugleich Frage nach dem Glücksanspruch des einzelnen in einer gerechten Welt. Die beiden Revolutionäre Danton und Robespierre stehen an einem Wendepunkt ihres gemeinsamen Kampfes. Beide haben sie aus Liebe zur Freiheit und zum Menschenrecht getötet. Doch Danton hinterfragt den Revolutionsterror und fordert Lebensgenuss und Liebe. Lange bevor die Verhältnisse es gewährleisten, soll an die Stelle der Revolution die Republik und an die Stelle der Tugend der Genuss treten. Robespierre, der mit Hilfe einer Erziehungsdiktatur die Gleichheit der Menschen erreichen will, fürchtet nichts so sehr die die Macht des Volkes. Sie ist für ihn gleichbedeutend mit Anarchie. Danton, der Genussmensch, Robespierre, der Rationalist, beide werden sie sterben. Büchner stellt in seinem Stück über die Französische Revolution emphatisch die Frage nach dem Glück des einzelnen und dem der Gesellschaft. Er beschreibt, wo das Öffentliche ins Private eindringt, es bekräftigt oder es zerstört. Er fragt nach den Gesetzmäßigkeiten der Geschichte, fragt nach den Grenzen politischen Strebens nach dem Glück auf Erden. Büchner fragt fort und fort – bis in die Gegenwart.mit: Sascha Römisch (Georg Danton), Matthias Winde (Robespierre), Ralf Lichtenberg (St. Just), Christian Bo Salle (Camille Demoulins), Olaf Danner (Legendre), Ole Micha Spörkel (Herault-Séchelles), Marcus Staab Poncet (Lacroix), Ulrich Kielhorn (Mercier), Gesine Lübcke (Thomas Payne), Victoria Voss (Julie, Dantons Gattin), Vera Weisbrod (Lucile, Gattin des Camille), Louise Nowitzki (Marion), Susanne Engelhardt (Bürgerin)
- Regie:
- Peter Rein
- Bühne:
- Bodo Demelius
- Kostüme:
- Bodo Demelius
- Video:
- Thomas Wolter
- Musikalische Leitung:
- Stephan Kanyar
Premiere am
Großes Haus