Ab jetzt
Komödie von Alan Ayckbourn
Die Zukunft wird herrlich. Zumindest wenn man den Visionen des Schriftstellers Alan Ayckbourn glauben darf: das Essen kocht sich selbst, der Anrufbeantworter ist eine Anrufbeantworterin und das Bildtelefon hat sich flächendeckend durchgesetzt. Es glitzert und blinkt nur so von Hightech in der Wohnung von Jerome, und die Maschinenpistole liegt immer griffbereit neben dem Türöffner. Denn draußen sorgt nicht mehr die Polizei für Recht und Ordnung, sondern die Töchter der Finsternis - aber wenn man ihnen freiwillig den Inhalt seiner Taschen übergibt, dann brechen sie einem höchstens die Kniescheibe. Drinnen waltet längst nicht mehr die züchtige Hausfrau, sondern Gou 300F. Gou 300F ist ein Roboter, oder besser: eine Roboterin, die den lieben Kleinen das Gesicht waschen und Kakao bringen soll. Schöne neue Welt. Das Problem an Gou ist nur, dass sie es noch nicht zur Serienreife gebracht hat. Jerome, der Besitzer von Gou, ist auch kein Spezialist in Kybernetik, sondern Musiker. Jedenfalls theoretisch. Praktisch hat er seit Jahren keinen Ton mehr produziert, sein Leben ist ein Desaster, seit seine Frau ihn mitsamt Tochter verlassen hat. Jetzt soll er sie zurückbekommen, die Tochter - wenn das Jugendamt zustimmt. Also muss er für ein paar Stunden den perfekten Vater mit sauberer Küche und perfekter Beziehung spielen - und Gou soll ihm dabei helfen. Wie's weitergeht, kann man sich denken: lustig. Sir Alan Ayckbourn (*1939 in London) war ursprünglich Schauspieler, bevor er zu "Großbritanniens populärstem Gegenwartsdramatiker" (The Economist) wurde. Für seine Stücke ist er mehrfach ausgezeichnet worden, darunter bisher allein siebenmal mit dem Evening Standard Award. Übersetzt wurden sie in über 30 Sprachen, einige von ihnen wurden in England und Frankreich auch verfilmt. Ayckbourn lebt in Scarborough und ist dort seit 1969 künstlerischer Leiter des Stephen Joseph Theatre. 1987 wurde er von der Queen zum "Commander of the Order of the British Empire" ernannt, 1997 als erster Dramatiker seit Terence Rattigan in den Adelsstand erhoben. Premiere: 03. Dezember 2005 Werkstattbühnemit: Ralf Lichtenberg (Jerome, ein Komponist), Karen Schweim (Corinna, die Frau des Komponisten), Nathalie Schott (Zoe, eine Schauspielerin), Olaf Danner (Mervyn, ein Sozialarbeiter), Gregor Trakis (Lupus (vom Band))
- Regie:
- Pierre Walter Politz
- Bühne:
- Christina Wachendorff
- Kostüme:
- Christina Wachendorff
Premiere am
Werkstatt/Junges TheaterDauer: 150 Minuten, mit Pause
Augsburger Allgemeine
– 19.12.2005
Nun wird alles besser
Running Gags und Slapstick-Einlagen nicht scheuend, hat Regisseur Pierre Walter Politz viele Einfälle darauf verwandt, dieses Kammerspiel lebendig und temperamentvoll ablaufen zu lassen. Unterstützt wird das durch Chrisine Wachendorffs Bühnenbild.
Ralf Lichtenberg ist überzeugend der mufflig-frustrierte Soundbastler Jerome, ein "Audio-Voyer", der wegen dieser Manie von seiner Frau Corinna verlassen wurde. Sie wiederum - mal zynisch-böse, mal tief verzweifelt dargestellt von Karen Schweim - verbirgt hinter der Fassade der coolen Bankerin eine nach Geborgenheit suchende Frau. Und dann ist da noch die wunderbar quirlige Nathalie Schott als Schauspielerin Zoe, die sich bei Jerome bewirbt, mit ihm zusammen vor Sozialarbeiter Melvyn (pointensicher chargierend: Olaf Danner) "heile Familie" zu spielen, um das Besuchsrecht für Tochter Geian Elena Richarz/Janina Stiebert) zu erwirken. Nicht zu vergessen: Gregor Trakis als herrlich chaotischer Freund Rufus.
Kulturkanal
– 19.12.2005
Ab jetzt!
Regisseur Pierre Walter Politz hat aus dem intelligenten Konstrukt dieser Komödie alle tragikomischen Facetten herausgeholt.
Mit punktgenau austarierten Pendelschlägen schwingt diese Aufführung ständig zwischen komödiantischem Witz, en passant einem szenischen Gag und dem tiefen Ernst, jawohl!, der subjektiv schrecklichen und daher leider auch so komischen menschlichen Notsituationen.
Überhaupt ist es selten so spannend, in den Gesichtern der Darsteller zu lesen wie in dieser Komödie voller hintersinnigem Witz. Keine Sekunde Langeweile. Und ein intellektuelles Vergnügen. Nur der Titel ist nicht gerade eingängig. Aber "Ab jetzt!“ ist ab jetzt wärmstens zu empfehlen. Besser kann Unterhaltung im Theater nicht sein.