Richard III.
von William Shakespeare
Ein Bürgerkrieg ist zu Ende gegangen, die Waffen niedergelegt, die Macht gesichert. Doch Richard, Herzog von Glouchester, will nicht einstimmen in den allgemeinen Versöhnungschor. Er will selbst die Macht. Sein Weg dahin ist buchstäblich mit Leichen gepflastert. Als ihm am Ende, vor der Entscheidungsschlacht, die Geister derer, die er auf dem Gewissen hat, wenn er eins hat, erscheinen, sind es elf. Und dabei hat Shakespeare noch einige vergessen, die er im Bürgerkrieg getötet hat. Er ist skrupellos, tückisch, Meister der Verstellung und der Instrumentalisierung anderer. Er erfasst die Situation sofort und handelt blitzschnell. Dabei ist er kein Schlächter mit blutigen Händen. Nein, er lässt jetzt morden, hinter der Bühne, ein Wink von ihm genügt. Keiner ist ihm ebenbürtig und er genießt die Überlegenheit. „Ich bin mir selbst genug“ ist wahrscheinlich das Geheimnis seines Erfolges. Die Erfahrung seiner Deformation, seiner augenfälligen Widernatur, hat ihn von allen isoliert, diesen Mangel setzt er um in Triebenergie. Er kennt die Menschen im politischen Geschäft, weiß was von ihnen zu halten ist, nämlich nichts, und handelt entsprechend. Er ist nicht nur Pragmatiker, er ist Realist. Merkwürdig ist, wie die Menschen ihm erliegen, obwohl sie sich denken können, was er plant, als hätte er ein Charisma weit über seine blendende Rhetorik hinaus. Die einzigen, die es mit ihm aufnehmen können, sind die abgedankten alten Frauen. Für die ist die Geschichte vielleicht vorbei, aber warum soll es nicht eine neue Art von Geschichte geben? Nicht in dynastischen Zusammenhängen, sondern mit einer starken Hand eines Führers gemacht, der niemandem verantwortlich ist. Sobald Richard aber die Macht hat, wirkt er fahrig, reagiert verschreckt und macht politische Fehler. Warum? Weil er kein Ziel mehr hat? Weil er den Feind nicht stellen kann? Als er sich wieder fängt, ist er nicht mehr der kühle Rechner. Er verkennt die Lage und geht unter. Sein Nachfolger kann ihn einfach abservieren. RICHARD III. ist eines von Shakespeares populärsten Dramen. Die historischen Ereignisse der Rosenkriege (ein Bürgerkrieg) lagen knapp einhundert Jahre zurück. Shakespeare ist mit ihnen großzügig umgegangen, hat Zeiten gerafft und Personen der Effekte wegen geändert. Es ging ihm nicht um die Dramatisierung von Geschichte. Gerade darum, weil er die historischen Vorgänge als Material verwendet, wird die Geschichte vom Aufstieg und Fall Richards zum Lehrstück, aus dem der Zuschauer Einsichten in die Natur der politischen und wirtschaftlichen Machtkämpfe und ihrer Protagonisten gewinnen können. Richard ist, obwohl als der Schurke schlechthin ins Gedächtnis der Menschen eingegangen, kein Typus, keine Verkörperung eines Charakters, nein, er bleibt Individuum, ein Mensch, widersprüchlich, komplex, bei aller Rationalität ein Getriebener und Leidender. Sein gestörtes Verhältnis zu den Mitmenschen ist auch bedingt durch seine körperliche Deformation. Die Welt der Macht ist eine lieblose Welt von abhängigen Opportunisten, heuchlerischen Neidern und raffinierten Gegnern, die alle nur auf ihre Chance warten. Das zeigt Shakespeare - Realität?mit: Bettina Schmidt (Richard, Herzog von Gloucester, später Richard III.), Gesine Lübcke (Herzogin von York, Mutter von Richard), Evelyn Plank (Königin Margaret, Witwe Heinrich VI.), Claudia Steiger (Lady Anne), Victoria Voss (Königin Elizabeth, Gattin Edward IV.), Aurel Bereuter (Sir William Catesby), Dietrich Schulz (Lord Hastings), Rolf Germeroth (König Edward IV. / Lord Mayor von London), Peter Greif (Sir Robert Brakenbury / Stanley, Graf von Derby), Karlheinz Habelt (Bischof von Ely), Alexander Leistritz (Marquess von Dorset), Heimo Essl (Lord Rivers, Bruder von Königin Elisabeth), Peter Reisser (Herzog Clarence, Bruder von Richard und Edwarad IV.), Matthias Winde (Herzog von Buckingham), Gunter Heun (Sir James Tyrrel), Sascha Römisch (Graf von Richmond, später Heinrich VII.)
- Regie:
- Peter Rein
- Bühne:
- Frank Chamier
- Kostüme:
- Marion Eiselé
- Musikalische Leitung:
- Walter Kiesbauer
- Choreografie:
- Robert Schnöll
Premiere am
Großes Haus