Ingolstadt zum Beispiel: Franz und Frieda suchen ihr Glück
von Carl-Ludwig Reichert
frei nach Motiven von Marieluise Fleißer
Franz träumt von einem eigenen Laden in der Ingolstädter Fußgängerzone, Frieda träumt von der großen, weiten Welt, von einem Leben in München halt. Der geschäftige Schulfreund stellt den beiden den ersehnten Laden in Aussicht, doch auch Friedas Freundin Hildegard, selbst eine Geschäftsfrau, interessiert sich dafür. Franz kündigt seine Arbeit, Frieda kündigt ihre Wohnung, die Zukunft kann beginnen. Doch insgeheim träumt Frieda von anderen Dingen. Nach einem eiskalten Bad im Baggersee erwärmt sie sich an Franzens älterem Freund Manni, dem sie auch ihre heimliche Sehnsucht gesteht: Sie hat sich beim Fernsehen für ein Casting beworben. Und tatsächlich: Der Fernsehstar Hajo Wuttke kommt mit seinem Karaoke-Stadl nach Ingolstadt und Franz und Frieda dürfen auftreten. Wuttke nimmt Frieda mit ins ersehnte München, während Hildegard sich um Franz kümmert. Nachdem Frieda im Fernsehstudio übel mitgespielt wurde, dringen die Freunde Manni und Bimsi in Wuttkes Büro ein und verprügeln den TV-Star. Zurück in Ingolstadt erfährt Frieda die Wahrheit über Franz und Hildegard, und wird zugleich in die neuen Verhältnisse eingefügt: Frieda soll in Hildegards Boutique verkaufen, während Franz und Hildegard den ersehnten Naturkostimbiss betreiben wollen. Da aber auch der alte Spezl bei der Sparkasse den Kredit verweigert, hilft nur noch ein Einbruch... Carl-Ludwig Reichert, geboren 1946 in Ingolstadt, ist Schriftsteller, Musiker, Kolumnist, Ausstellungsmacher, SMS-Lyriker und „Privatgelehrter“. Als Autor, Moderator, Drehbuchautor und Regisseur arbeitet er für den Bayerischen Rundfunk. Außerdem veröffentlichte er zahlreiche Publikationen zur Jugend- und Popkultur (u. a. über den Blues und Frank Zappa). Musik macht Carl-Ludwig Reichert auch: Mit der Mundart-Band „Sparifankal“ zelebriert er echten Bayern-Rock. Carl-Ludwig Reichert lebt in München. Premiere ist am 09. Mai 2003.mit: Chris Nonnast (Frieda), Johannes Langer (Franz), Sascha Römisch (Bimsmair), Peter Reisser (Manni), Heimo Essl (Hajo Wuttke)
- Regie:
- Schirin Khodadadian
- Bühne:
- Carolin Mittler
- Kostüme:
- Carolin Mittler
Premiere am
Werkstatt/Junges TheaterBayerischer Rundfunk
– 10.05.2003
Glückssuche im Wohnzimmeralptraum
"Die Werkstattbühne des Theaters Ingolstadt ist ein Wohnzimmeralptraum mit beigem Flokati-Teppich, umstellt von zusammengeschusterten Schrankwänden und Regalen. Wohin auch immer der Weg Franz und Frieda auf der Suche nach dem Glück führt - auf den Baggersee statt hinaus aufs weite Weltmeer, oder im Falle Friedas auf die Besetzungscouch statt zu schauspielerischem Weltruhm - das Wohnzimmer mit seiner kleinbürgerlichen Enge bleibt immer Schauplatz ihrer kümmerlichen Ausbruchsversuche. (...)
Ein lauter Theaterabend, der bei allem Lärm auch ziemlich lustig, manchmal sogar richtiggehend komisch ist."
Kulturkanal
– 12.05.2003
Einfallsreich
“Regisseurin Schirin Khodadadian (hat) die Vorlage mit enormem Einfallsreichtum theatralisch übersteigert (...) und mit sicherem Gespür für die Stärken und Schwächen des Stücks eben genau den Unterschied zwischen Fernsehsoap und Theater herausgearbeitet. (...)
Und Khodadadian und ihre Darsteller benutzen mit sichtlichem Spaß Reicherts Alltagsjargon als Improvisationsmaterial für spielerische Stilübungen. Jeder Satz taugt dazu, mal expressiv dramatisch, mal kabaretthaft knapp, mal dadaistisch verkünstelt, mal realistisch plump abgeklopft und vorgeführt zu werden. Diese Wiederholungen sind ein glänzender Einfall, um aus den banalen Dialogen den Reiz absurder Textspiele herauszuholen."