jedermann (stirbt)
Von Ferdinand Schmalz
Die Zeiten sind hart, aber Jedermann feiert. Extravagante Partys im herrlichen Garten, blühendes Leben und Reichtum. Man bleibt natürlich unter sich, weit weg von Armut und Fremden. Hohe Mauern schirmen sie vor dem sich draußen anbahnenden Unruhen ab. Doch wenn der »arme Nachbar Gott« und die »Buhlschaft Tod« vorbeischauen wollen, helfen auch die Mauern nicht.
In dem zeitgenössischen Gaukler-Spiel von Ferdinand Schmalz, das 2018 den Nestroy-Theaterpreis erhielt, steht der erfolgreiche Börsenspekulant im Mittelpunkt. Ein »jedermann«, irdischer, heutiger und unter stetigem Druck. Schmalz überträgt Hugo von Hofmannsthals »Spiel vom Sterben des reichen Mannes« brillant in ein Heute und verwebt die ewigen Topoi von Leben, Sterben und Sexualität mit der Gier nach Geld und der Angst vor dem Nichts. Eine Parabel auf die Fragen der Verantwortlichkeiten, der Schuld knallharter Spekulanten an der Vernichtung der Umwelt und der Ausbeutung anderer. Ein »jedermann«, der seine Nachwelt für den Wohlstandserhalt ausliefert, der niemand anderes ist als wir.
Hier finden Sie das Programmheft.
mit: Ingrid Cannonier (Jedermanns Mutter), Jan Gebauer (Mammon und Gute Werke), Marc Simon Delfs (Dünner Vetter), Sarah Horak (Buhlschaft Tod), Karolina Nägele (Dicker Vetter), Richard Putzinger (Armer Nachbar Gott), Peter Rahmani (Teuflisch Gute Gesellschaft), Fabio Savoldelli, Sarah Schulze-Tenberge, Victoria Voss (Jedermanns Frau), Matthias Zajgier (Jedermann)
- Regie:
- Servé Hermans
- Musikalische Leitung:
- Tobias Hofmann
- Bühnenbild:
- Servé Hermans
- Kostümbild:
- Katrin Busching
- Dramaturgie:
- Daniel Theuring, Ludo Costongs
- Kostümassistenz:
- Lilian Tschischkale
- Regieassistenz:
- Verena Wais
- Inspizienz:
- Susanne Wimmer
- Soufflage:
- Ulrike Deschler
- Theatervermittlung:
- Bernadette Wildegger
Premiere am
Großes Haus
»WAS FÜR EIN ABEND! Ein Stück, in dem es um nichts weniger geht als um Leben und Tod! Eine kunstvolle Sprache, die von bittersüß bis komisch-derb alle Register zieht! Eine Bühne, die mit dem größtmöglichen Kontrast von Natur und Künstlichkeit irritiert. Kostüme, die sich quasi aus dem Text herausbuchstabieren. Und ein Ensemble auf dem Höhepunkt seines Schaffens. Mit ›Jedermann (stirbt)‹ hat das Stadttheater Ingolstadt am Samstagabend die neue Spielzeit im Großen Haus eingeläutet. Nach einem Jahr Corona-Lockdown. Und es wurde ein denkwürdiger Abend. […] Was für ein exzellentes Ensemble. Diese Präzision […]! Diese Konzentration! Diese Energie! Herzschlagtheater! Wir haben es lange vermisst!«
»Jubel im Stadttheater Ingolstadt. Nach eineinhalb Jahren wird wieder im Großen Haus gespielt. Publikum und Ensemble scheinen gleichermaßen überwältigt von der ersten Premiere der Spielzeit ›Jedermann (stirbt)‹. [...] Das Stück ist ein Kraftakt für das 100 Minuten lang fast durchgehend komplett präsente Ensemble, das bei stellenweise hohem Körpereinsatz die Spannung hält und bei alledem auch noch berückend singt. Von Anfang bis Ende herausragend agiert das unfreiwillige Paar Jedermann (Matthias Zajgier) und die Buhlschaft/Tod (Sarah Horak).«
»›Jedermann (stirbt)‹ ist eine sprachmächtige und kluge Neufassung des österreichischen Dramatikers Ferdinand Schmalz von Hugo von Hofmannsthals Variante des Mysterienspiels, die das ›Sterben des reichen Mannes‹ ins Heute einer Wohlstandsgesellschaft mit sozialen Spannungen transferiert und dabei die christliche Moralpredigt der Jenseitsfurcht vermeidet, ohne die metaphorische Ebene einer Wette zwischen Gott und Teufel auszuklammern. Der niederländische Regisseur Servé Hermans ist nicht der Versuchung erlegen, aus dem Setting einer Neureichen-Party ein schrill-morbides Spektakel zu machen. Ganz im Gegenteil. Ihm gelingt eine ernsthafte, menschliche Auseinandersetzung mit der Sterblichkeit weit entfernt von falscher Theatralik, und doch schlägt das Pendel sanft aus zwischen den wilden Todeszuckungen einer dekadenten Fun-Gesellschaft und Todeselegie, kraftvollem existentiellen Lebenskampf und sarkastischer Ironie. Grandios inszeniert und gespielt von einem wunderbar homogenen Ensemble! [...] Und die DarstellerInnen fassen sich beim Applaus tatsächlich wieder an den Händen. Huch! Da vergessen wir fast, dass wir immer noch mit Masken vor ihnen sitzen. Und sogar eine Premierenfeier gab es wieder. Soviel Theaterglück zum Spielzeitbeginn!«