Drei Schwestern
von Anton Tschechow
Deutsch von Thomas Brasch
Nach Moskau! Das ist für Irina, Mascha und Olga Prosorow mehr als ein frommer Wunsch. Die drei Schwestern und ihr Bruder Andrej fristen ihr Dasein in der Provinz. Moskau, das ist für die Familie so viel mehr als die Stadt, aus der sie stammt: Heimat der Seele und Sehnsuchtsort. Auf der Jagd nach dieser verklärten Utopie mäandern sie durch ihre Leben. Irina wünscht sich eine erfüllende Karriere und die große Liebe, Mascha heiratet früh, aber den Falschen, Olga wird Lehrerin.
Die Hoffnungen bleiben Blütenträume: Weder Ehe noch Arbeit zeitigen die erwartete Zufriedenheit. Andrejs Frau Natascha entpuppt sich als herrschsüchtig und setzt alles daran, die Schwestern aus dem Haus zu vertreiben. Moskau ist und bleibt unerreichbar. »Das Stück ist für mich«, so Regisseur Christoph Mehler, »eine bitterböse Endzeitfarce über den Untergang einer Gesellschaftsschicht, die unfähig geworden ist, auf politische und gesellschaftliche Veränderungen einzugehen. Die Oktoberrevolution steht vor der Tür und wird die Welt, wie die Schwestern sie kennen, bald für immer verändern. Auch wir stehen vor großen Veränderungen – auch unsere sicher geglaubte Wohlstandswelt scheint dies nun nicht mehr zu sein und auch wir, wie die Figuren bei Tschechow, scheinen oft unfähig, auf diese Veränderungen zu reagieren.«
Bitte beachten Sie, dass aufgrund der Umstände eine abgeänderte Fassung zu sehen sein wird.
Wichtige Informationen zu Ihrem Theaterbesuch!
Schön, dass Sie wieder da sind! Um Ihren Theaterbesuch in diesen besonderen Zeiten so angenehm wie möglich zu gestalten bitten wir Sie folgende Infos zu beachten:
- Einlass an den jeweiligen Spielstätten ist 30 Minuten vor Vorstellungsbeginn. Der Zutritt wird vor Ort koordiniert.
- Bitte beachten Sie, unbedingt die Aushänge und Beschilderungen
- Das Stadttheater weist auf die Mundschutzpflicht hin. Bitte halten Sie auch den Mindestabstand von 1,50 Metern ein, vor allem in der Einlasssituation.
- Es gelten die derzeitig allgemeinen Hygienevorschriften.
- Die Karten sind personalisiert und nicht übertragbar. Bitte führen Sie Ihren Personalausweis mit. Ebenso weisen wir auf die Personendatenerhebung für eine evtl. Meldepflicht hin.
- An den Spielstätten kann derzeit keine Abendkasse angeboten werden. Sollten Sie Ihre Karte vergessen oder verloren haben, wenden Sie sich bitte umgehend an das Einlasspersonal.
- Bei Ausfall einer Vorstellung gibt es keinen Ersatztermin.
- Großes Haus: Aktuell sind in Bayern nur 100 Zuschauer*innen in geschlossenen Räumen erlaubt. Wir bitten Sie daher um Verständnis, dass wir nicht mehr Plätze pro Vorstellung anbieten können. Die Karten sind personalisiert und platzbezogen. Zuschauer*innen sind gebeten Ihre Karten vor einer geplanten Vorstellung zu erwerben, da wir keine Abendkasse anbieten können. In geschlossenen Räumen gilt die Maskenpflicht! Das heißt, auch während der Vorstellung müssen die Masken getragen werden. Im Großen Haus können wir keinen Getränkeverkauf anbieten. Die Sitzplätze und Toiletten im Großen Haus werden regelmäßig desinfiziert.
- Sollten Sie sich krank fühlen und/oder Erkältungssymptome aufweisen, bleiben Sie bitte zu Hause, da wir Ihnen in diesem Fall keinen Zutritt gewähren dürfen. Ebenso können Personen, die in den letzten 14 Tagen vor der Vorstellung Kontakt zu COVID-Erkrankten hatten, nicht an der Veranstaltung teilnehmen.
mit: Ralf Lichtenberg (Andrej Sergejewitsch Prosorow), Victoria Voss (Natalja Iwanowna), Sarah Horak (Olga Prosorow), Karolina Nägele (Mascha Prosorow), Katharina Hintzen (Irina Prosorow), Jan Beller (Fjodor Iljitsch Kulygin), Marc Simon Delfs (Alexander Ignatjewitsch Werschinin), Philip Lemke (Nikolai Lwowitsch Tusenbach), Martin Valdeig (Wassii Wassiliewitsch Soljony), Ulrich Kielhorn (Iwan Romanowitsch Tschebutykin)
- Regie:
- Christoph Mehler
- Ausstattung:
- Jennifer Hörr
- Musik, Komposition, musikalische Einstudierung:
- David Rimsky-Korsakow
- Dramaturgie:
- Dr. Judith Werner
- Regieassistenz:
- Lisa-Maria Schacher
- Künstlerisch-technische Produktionsleitung:
- Manuela Weilguni
- Ausstattungsassistenz:
- Stefanie Schweiger, Heloá Pizzi Mauro
- Theatervermittlung:
- Bernadette Wildegger
- Inspizienz:
- Rowena Haunsperger
- Soufflage:
- Susanne Wimmer
Premiere am
Großes Haus
»Nach Ibsens ›Volksfeind‹ und Büchners ›Leonce und Lena‹ präsentiert Christoph Mehler mit Tschechows ›Drei Schwestern‹ bereits die dritte Produktion in markanter Regiehandschrift im Großen Haus des Stadttheaters Ingolstadt. Und überzeugt auch diesmal mit radikaler Reduktion, großer emotionaler Wucht und präzisem Schauspielertheater. […] David Rimsky-Korsakows Sound aus Herzklopfen und elegischem Klavier fügt sich mit Jennifer Hörrs bezwingender Schwarz-Weiß-Ästhetik für Bühne und Kostüme zu einem intensiven Theatererlebnis. [...] Einsamkeit ist das tragende Element dieser eindringlichen Interpretation: Isolation, Sehnsucht nach Nähe, Angst, Desillusion, Gegenwartsverdruss, ein Leben ohne Empathie nach dem Prinzip der Beliebigkeit. Was tun?, fragt diese Inszenierung. Die Antwort der drei Schwestern: warten. Trotz aller Tragik ist es eine Wonne, ihnen dabei zuzusehen. Denn Sarah Horak als Olga, Karolina Nägele als Mascha und Katharina Hintzen als Irina bilden in ihrer Verzweiflung ein perfekt aufeinander abgestimmtes Trio, jede für sich aber verleiht ihrer Figur große Dringlichkeit. […] Starke Schauspieler. Ein starker Abend. Vor allem einer, der das Publikum auf sich selbst zurückwirft. Großer Applaus.«
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»Es ist hochinteressant, an Mehlers Inszenierung zu studieren, wie die Einhaltung der derzeit notwendigen bürokratischen Vorgaben sich für die Theaterarbeit hier auf überraschende Weise als künstlerisch produktiv erweist. Mit der kompromisslosen, oratorienhaften Hinwendung zum Zuschauerraum liegt das Gewicht nun auf der Textgestaltung (Übersetzung: Thomas Brasch). Die gelingt den zehn Darstellerinnen und Darstellern vorzüglich. Besonders dann, wenn der Ton leiser Tristesse, die Poesie der Dekadenz über der Szene schweben, begleitet von minimalistischem Klavierklang (Musik David Rimsky-Korsakow). Mit der kühl anmutenden Ausstattung (Jennifer Hörr), weitgehend in Schwarzweiß gehalten, fügt sich ein Kunstwerk von hoher ästhetischer Wirkung zusammen.«
»Tschechows Figuren sind so einsam wie die einzelnen Klaviertöne, die Christoph Mehlers Inszenierung streckenweise untermalen. Der Regisseur hat sie in und vor einem gleißend weißen Guckkasten ausgesetzt. Jeder und Jede steht für sich allein, auf Abstand zu den anderen.
Statt zueinander sprechen sie meist frontal ins Publikum. Das hat etwas Statisches und ist doch voller Spannung, weil die gelegentlichen Ausschläge der Gefühlsamplituden dadurch umso heftiger wirken. Im hellen Raum bleibt nichts verborgen. Weder die Feindseligkeiten noch die Verzweiflung. Das begeisternde Ingolstädter Ensemble entfaltet in der Produktion enormen spielerischen Reichtum. Die Distanz zwischen den Schauspielern ist zwar den Corona-Auflagen geschuldet, und doch wirkt das hier nicht wie ein zähneknirschendes Zugeständnis an die Situation, sondern wie ein zielgerichteter Zugriff. Ein Stückkonzentrat. Tschechow verdichtet das Wesentliche. Absolut sehenswert!«
BR, 29. Juni 2020
»Was Regisseur Christoph Mehler mit seinem Ingolstädter Ensemble nach der Probenunterbrechung auf die Bühne gebracht hat, wirkt wie eine originäre Regiekonzeption, die die Isolation dieser Figuren, ihre zum Scheitern verurteilte Sehnsucht nach einem anderen Leben und nach Intimität radikal visualisiert. […] Die auf den weißen Bühnenkasten reduzierte, kühle Schwarz-Weiß-Ästhetik der Ausstattung von Jennifer Hörr, der Verzicht auf alle Requisiten, die statische Spielweise,[…]ist eine gelungene Abstraktion von all den zaristischen Ritualen einer vornehmen Landhausgesellschaft. […] Großartig! Und sehr pointiert sind auch die über den leisen, melancholischen Grundton gesetzten Akzente, in denen die Verzweiflung dann doch lautstark aus den Figuren schreit. Was an körperlichen Kontakten nicht möglich ist, wird kongenial in wenige Einzelaktionen übersetzt. […] Anton Tschechows ›Drei Schwestern‹ in dieser Inszenierung von Christoph Mehler ist ein großartiges Angebot, die Fragen der Gegenwart in einem 120 Jahre alten Stück zu entdecken.«
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