djihad (UA) Fragmente
Von Volker Schmidt / Auftragsarbeit des Stadttheaters Ingolstadt
ab 14 Jahren
Die meisten von ihnen sind jung, zwischen 18 und 29 Jahre alt oder noch jünger. Sie werden aus allen sozialen Schichten rekrutiert und schließen sich dem IS an. Sie wachsen in westlichen Demokratien auf, tauchen plötzlich ab in eine Parallelwelt: Sie konvertieren, gehen in die Moschee, beten fünf Mal am Tag. Sie essen kein Schweinefleisch, Eros und Musik ist strikt verboten. Frauen geben sie nicht mehr die Hand. Für Extremisten gilt schon das Hören einer weiblichen Stimme als Verführung des Teufels. Frauen sollen schweigen. Umso unbegreiflicher, dass sich zunehmend auch Frauen vom IS ködern lassen. Sie brechen alle alten sozialen Kontakte ab, sind von heute auf morgen verschwunden. Weshalb sympathisieren sie mit dem IS, verfallen dessen auf Hochglanz präparierten Propaganda? Warum verbreitet sich der Salafismus gerade unter Jugendlichen so erfolgreich aus?
Der Autor und Regisseur Volker Schmidt spürt in dem Auftragsstück für das Stadttheater einem komplexen Thema nach. Er las den Koran, sprach mit Jugendlichen, Imamen, Pädagogen, Terrorexperten und Salafisten. Seine Spurensuche führte ihn nicht nur in extremistische Kreise, sondern er entdeckte im Zuge seiner Recherche auch einen Islam der Spiritualität und der Liebe. Bewusst vermeidet der Autor pure „Schwarz-Weiß-Malerei schildert vielmehr glaubhaft die Nöte, Sehnsüchte, Zweifel und die Tragik seiner Figuren.
Zum Thema findet am Freitag, den 9. Dezember 2016, im Kleinen Haus die Gesprächsreihe »Reden über Gott und die Welt: Salafismus – Verführung zum Unglück« mit Dr. Thorsten Gerald Schneiders statt.
mit: Mira Fajfer (Lea/Meryem), Sandra Schreiber (Helena), Annette Wunsch (Klara), Ulrich Kielhorn (Sheikh Djalal), Marc Schöttner (Musa), Béla Milan Uhrlau (Laurenz)
- Regie:
- Volker Schmidt
- Musik:
- Jacob Suske
- Video:
- Stefano Di Buduo
- Dramaturgie:
- Gabriele Rebholz
- Regieassistenz:
- Mona Sabaschus
- Inspizienz:
- Rowena Haunsperger
- Soufflage:
- Constance Chabot-Jahn
Premiere am
Kleines Haus
Über die Uraufführung »Djihad« des Autors und Regisseurs Volker Schmidt schreibt die Deutsche Bühne bewundernd: »Schmidt braucht wenig, um die Mittel des Theaters voll auszuschöpfen: Kaum Requisiten, dafür präsente und starke Schauspieler. Imagination, Verwandlung, Spiel.« Durch die reduzierte Ausstattung [Thea Hoffmann-Axthelm] wurde den Schauspielern »[ein] Raum geschaffen, in dem sich alles auf ihre Worte konzentriert. (…) [Ihm] gelingt scheinbar mühelos, was oft so schwer ist im Theater: Eine komplexe Geschichte in Bilder zu fassen, die spielerisch leicht daher kommen und doch wohlkomponiert sind. Sich einem vorurteilsbehafteten Thema unbefangen und differenziert zu nähern, ohne oberlehrerhaft zu werden. Unaufdringlich sichtbar zu machen, was schief läuft bei uns. Tag für Tag. Ein eindrucksvoller kleiner Abend, der mehr kann als manch großer.«
Die Neuburger Rundschau berichtet von dieser »gelungenen Uraufführung der Auftragsarbeit am Stadttheater«. Es werden »mögliche Antworten auf Fragen wie: Was bewegt junge Menschen dazu, radikal gläubig zu werden, intolerant gegenüber >Ungläubigen<, was lässt sie zur Gewalt greifen, treibt sie in den sogenannten >heiligen Krieg<« gestellt.
»Schmidt [Autor und Regisseur] lässt seine Schauspieler auf offener Bühne (Ausstattung: Thea Hoffmann-Axthelm) agieren«, was diese bravourös meistern, denn »mehr Symbolik hat der konzentrierte Text nicht nötig.« »Sandra Schreiber [als Helena], brillant, mit umwerfender Prägnanz«, »Marc Schöttner, der das Kunststück schafft, die Entwicklung vom Verführer, über den Führer hin zum Verführten zu zeigen« und »Mira Fajfer, die punktgenau zwei völlig konträre Frauentypen (…) darstellt, stehen für die Beziehungen und Bezüge zwischen den Welten« Am Schluss gibt es »berechtigte[n] Jubel des Publikums über die Leistung den Ensembles«.
Über die Uraufführung des Stücks »Djihad« berichtet der Kulturkanal: »In den Theatermitteln wird durchaus Eindrucksvolles aufgeboten.« Auf der Bühne »zu sehen (…)Stefano di Buduos verblüffende Projektionen auf weiße Sitzbälle und eine schwankende Rundfläche. Thea Hoffmann-Axthelms zentrales Ausstattungselement ist eine kippelige Kreisfläche, auf der bei aller Anstrengung kein fester Boden, kein sicherer Halt zu gewinnen ist«. Es wird »geschickt (…) in gesplitteten Rückblenden aus verschiedenen Perspektiven erzählt. (…) Griffige Texte mit viel Jugendjargon schenken dem schweren Thema manchen Wortwitz.«
»Um Glaubwürdigkeit und Intensität bemühte Darsteller« spielen auf der Bühne unterschiedlichste Charaktere: »Ulrich Kielhorn spielt den Imam mit schöner Textklarheit. (…) Sandra Schreiber als Helena ist eine rotzfreche, aufmüpfige Type und spielt den Wandel zur religiösen Fanatikerin. (…) Mira Fajfer in einer Doppelrolle als integrierter Türkin und im Gespräch mit Helenas verbitterter Mutter von Annette Wunsch als einfühlsame junge Frau von Laurenz.« Marc Schöttner’s Musa »muss nacheinander sanfter Gläubiger, radikaler Prediger und schließlich zweifelnden Moslem und verzweifelt Liebender sein. Bela Milan Uhrlau ist wieder ein Meister im Ausspielen hilfloser, überforderter Typen wie Laurenz.«
Die Mittelbayerische Zeitung berichtet begeistert von »Djihad«. Der Ausstattung [Thea Hoffmann-Axthelm] genügen »weiße Gymnastikbälle, bunte Tücher und ein weißer Kreisel«, um »die unterschiedlichen Welten zu symbolisieren, Handlungen zu intensivieren«. »Volker Schmidt [Autor und Regisseur] weiß geschickt seinen Text zu inszenieren, die durchkomponierte Textstruktur im Wechsel von Dialogen und reflektierenden Monologen zu einem schnellen Ping-Pong der Argumentationsebenen umzusetzen« (...) »Das Stück [bleibt] auf der emotional und intellektuell nachvollziehbaren Ebene von jungen Menschen. (…) Das rasante Spieltempo, mit raffinierten Licht- und Projektionseffekten (…), machen die Einzelszenen zur spannenden Geschichte.« »Mit natürlicher Authentizität vermitteln die jungen Schauspieler glaubwürdig die unterschiedlichen Positionen und abrupten Lebensänderungen.« Fazit des Abends ist: »>Djihad< ist ein Stück, das Verständnis schafft, zum Diskutieren provoziert.«