Don Quijote
nach Miguel de Cervantes in einer Fassung von Anja Panse
Für alle ab 9 Jahren
Herr Quisana ist begeisterter Leser von abenteuerlichen Rittergeschichten. Hunderte Bücher über ruhmreiche Ritter, die im Schwertkampf gegen feuerspeiende Drachen und bösartige Zauberer antreten, hat er bereits verschlungen. In all der Begeisterung für seine Lektüre, stürzt er sich selbst Hals über Kopf hinein in die fantastische Welt seiner Bücher und glaubt fortan ein fahrender Ritter namens Don Quijote zu sein. Kurzerhand ernennt er den Hausmeister Sancho Pansa zu seinem Schildknappen und macht sich mit ihm und seinem klapprigen Ross Rosinante auf zu ungeheuren Abenteuern. Standesgemäß ersinnt er sich in der Ferne eine Herzensdame, die er mit dem klangvollen Namen Dulcinea von Toboso versieht. Ihre Gunst will er durch seine vermeintlichen Heldentaten erlangen. Er kämpft wagemutig gegen Riesen, die in Wahrheit nur Windmühlen sind, stellt sich dem Kampf mit zwei der größten Kriegsfürsten, die sich als friedlich grasende Schafe entpuppen. Don Quijotes Nichte und ihr Freund Niklas versuchen mit allerhand Mitteln, den Onkel von seinem Wahn zu befreien. Doch lässt dieser sich nicht beirren von den allzu vernünftigen Menschen um ihn herum. Erneut zieht er aus, es den Helden aus seinen Lieblingsromanen gleichzutun.
Nach all seinen Torheiten, ist der arme Don Quijote als verrückter Narr weithin im Lande bekannt. Die Menschen machen sich einen Spaß und führen ihn an der Nase herum. Wird er dadurch endlich wachgerüttelt und kommt wieder zur Vernunft? Und kann er am Ende seine geliebte Dulcinea in die Arme schließen? Anja Panse wird es in ihrer Inszenierung »Don Quijote« verraten.
Der abenteuerliche große Cervantes-Stoff mit seinen liebenswürdig- verschrobenen Figuren wird in dieser Bearbeitung zeitgemäß verdichtet und erfindungsreich auf die Bühne gebracht. Dabei zeigt sich, dass wir uns alle - ob groß oder klein – von der kindlich-fantasievollen Sicht des vermeintlichen Ritters Don Quijote anstecken lassen können.
mit: Rolf Germeroth (Don Quijote), Péter Valcz (Sancho Pansa), Olivia Wendt, Lukas Umlauft
- Regie und Textbearbeitung:
- Anja Panse
- Choreografie:
- David Williams
- Musikalische Leitung:
- Annegret Enderle
- Dramaturgie:
- Teresa Gburek
- Regieassistenz, Inspizienz und Soufflage:
- Anna Stegherr
Premiere am
Werkstatt/Junges Theater
»Der Onkel ist neben der Spur, hat zu viele Ritterromane gelesen, klaubt sich eine alte Rüstung zusammen, um heldenhaft zum Schutz für Jungfrauen, gegen Unrecht, Drachen und böse Geister ins Feld zu ziehen. Im Kaffeehaus trifft der Mann mit bürgerlichem Namen Quisana, der sich jetzt Don Quijote de la Mancha nennt, zufällig auf einen gutmütigen Motorrad-Rocker, hält ihn für einen Burg-Kastellan, erbittet von ihm den Ritterschlag und überredet den eigenen Hausmeister, einen liebenswürdigen Naivling wohl türkischen Ursprungs, die Rolle des Schildknappen Sancho Pansa zu übernehmen.
Regisseurin Anja Panse hat für ihre Produktion in der Spielstätte Werkstatt/Junges Theater eine eigene knappe Fassung des Cervantes-Romans über den ›Ritter von der traurigen Gestalt‹ gefertigt. Die Zeit der Handlung ist heutig. Nur der verwirrte Alte ist aus der Zeit. Oder doch nicht ganz mit seinen Idealen und seiner Weigerung, die Welt unter dem Blickwinkel der kalten Vernunft zu sehen? Die Komik des Stücks zehrt natürlich von dem sprichwörtlichen Kampf Don Quijotes gegen die Windmühlen und anderen Phantastereien, aber auch von den trickreichen Bemühungen der Nichte und ihres Freundes, das greise Onkelchen wieder zur Vernunft zu bringen. Dies will nicht gelingen, und in der sanften Todesstunde sieht sich der gescheiterte Rittersmann mit der Erscheinung seiner Herzensdame Dulcinea vereint.
Die Inszenierung dieses feinen Kinderstücks hat viel Witz, lädt aber auch zur Nachdenklichkeit ein und ist mit Rolf Germeroth in der Hauptrolle, Péter Valcz als Sancho Pansa sowie Olivia Wendt und Lukas Umlauft in diversen weiteren Rollen bestens besetzt. Einen ganz wesentlichen Beitrag zum Gelingen leistet der Ausstatter Christian Robert Müller: Köstlich seine phantasievollen Kostüme und Bildkreationen auf dem kleinen Bühnenraum.
Allein das klapprige Ross Rosinante, eine wahnwitzige Blechkonstruktion auf Fahrrad-Basis, ist ein Treffer erster Güte. Pfiffig und stimmungsvoll illustriert die Musik von Annegret Enderle das kuriose Geschehen. David Williams hat die Scheingefechte effektvoll choreographiert, seine Handschrift lässt sich aber auch in vielen skurrilen kleinen Bewegungsabläufen ablesen. Vorzüglich, wie sich das Regieteam ergänzt.
Kleine, wie große Zuschauer reagierten auf die Premiere mit heller Begeisterung.«
»Wieder ist dem Jungen Theater Ingolstadt ganz wunderbar die Umsetzung eines Stoffes der Weltliteratur für ein junges Publikum gelungen - für Kinder ab 9 Jahren ebenso aufregend, amüsant und mit einem Schuss Ernsthaftigkeit wie für Erwachsene.
Letzten Freitag hatte ›Don Quijote‹ nach Miguel de Cervantes eine umjubelte Premiere in der Werkstattbühne, bevor der Mann von La Mancha im Sommer auf der Ingolstädter Freilichtbühne im Musical die Wirklichkeit romantisiert.
Aus einem Besen wird eine Lanze, das Schwert lässt sich auch als Gitarre für das Ständchen an die imaginäre angebetete Dulcinea umfunktionieren, aus einem Sektkübel wird ein Ritterhelm, in einem vergammelten Kanister findet sich ein Zaubertrank... Und sollen wir wirklich verraten, wie originell Rosinante, das Pferd des fahrenden Ritters, aussieht?
Bühnenbildner Christian Robert Müller hat nicht nur stimmungsvoll einen symbolträchtigen Baum, zwei Fenster mit Vorhängen und ein Mauerwerk auf die Bühne gestellt, sondern ein Fahrrad mit metallenem Pferdekopf und -körper verblendet, auf dem Don Quijote zum Rad-fahrenden Ritter auf der Bühne wird. Und Sancho Pansas Esel ist eine Stofftier-Umhängetasche, die sich als Trinkgefäß entpuppt:
Die Dinge sind das, wofür wir sie halten. Und ist es nicht viel spannender für den alten Onkel, statt Tageszeitung über die Regierungspolitik zu lesen, als Ritter gegen böse Zauberer und für das Gute zu kämpfen?
Auch wenn man dafür den Ventilator, die Windmühlen, für Riesen oder Schafe für feindliche Ritter halten muss oder eine einfache Gartenwirtschaft als Ritterburg umdeutet. Oder man ein harmlos picknickendes Liebespaar damit verschreckt, die Frau aus ihrer vermeintlichen Zwangsehe befreien zu wollen. Oder man einen von einer Polizistin abgeführten Kriminellen für einen unschuldig Verfolgten hält, der dringend befreit werden muss, oder in einem trampeligen Bauernmädchen die edle Dulcinea sieht, die von einem bösen Magier verzaubert wurde.
Für diese Konfrontation zweier Wirklichkeiten stoßen gleich zu Beginn auch zwei Sprachebenen aufeinander. Der Ritter Quijote in Kettenhemd und Brustpanzer trifft pathetisch Verse schmiedend auf einen Motorradfahrer von heute, den er als Kastellan einer Ritterburg anspricht.
Die Bühnenfassung des Cervantes Stoffes, die Regisseurin Anja Panse erstellt hat, ist auch deswegen so klug und reizvoll, weil sie die vor 400 Jahren erfundenen fantastischen Abenteuer des Ritters von der traurigen Gestalt in einem heutigen Alltag verankert.
Es ist der Onkel, der den Hausmeister überredet, sich als mittelalterlicher Ritter mit seinem Knappen Sancho Pansa auf diese Fantasiereise zu begeben. Und seine Nichte und ihr Freund versuchen immer wieder, den Onkel von dieser Spinnerei zu kurieren. Durch Verstecken der vielen Ritterromane, durch gutes Zureden, durch Blamage in einer Fernsehshow und schließlich, indem sie selbst als edle Dame und Ritter in seinem Spiel mitmischen und ihn auf seiner Traumebene mit den eigenen Waffen schlagen. Er kommt zur Einsicht als sein Leben zu Ende ist.. Und sein letzter Gedanke gilt Dulcinea, die ihm nun endlich auch leibhaftig erscheint.
Ebenso vielschichtig, poetisch und komisch hat Anja Panse das Spiel umgesetzt. Herrlich die von Olivia Wendt und Lukas Umlauft dargestellten Schafe mit künstlichen Vorderbeinen und Flokati-Umhang, die sich dann wirklich überraschend als Ritter aufrichten und mit ihren Kunstbeinen fechten. Rolf Gemeroth ist ein wundersamer Träumer, der mit sanfter Hartnäckigkeit an seiner Wunschidentität festhält. Péter Valcz, zum gemütlichen Dicken im Blaumann ausgepolstert, spielt zunächst maulend und skeptisch, dann gutmütig und pfiffig und schließlich mit Mitgefühl das Spiel mit. Denn etwas Abwechslungsreicheres als Hofkehren und Lampenauswechseln findet sich dabei immer. Olivia Wendt und Lukas Umlauft springen immer wieder überraschend und witzig in die unterschiedlichsten anderen Rollen quer über die Epochen.
Und unterschwellig hat Anja Panse mit ihrem Don Quijote auch von einem dementen alten Mann erzählt und Toleranz, Anteilnahme und sogar Bewunderung für dessen verrückte Fantasien und Lebensträume transportiert. So kann die Aufführung auch Lebenshilfe sein für Kinder, die einen verwirrten Opa haben, der in einer zeitlich anderen Welt zu leben scheint. Pädagogen haben also vielfältigen historischen , philosophischen und alltagstauglichen Stoff, die Schülervorstellungen vorzubereiten und zu reflektieren. (...)«