Das Fest des Lamms
Stück in drei Akten von Leonora Carrington
Nächte um Weihnachten. – Mrs Carnis scheint zum typischen Inventar einer verschrobenen englischen Salonkomödie zu gehören. Sie ist vielleicht hundert Jahre alt, hat einen mysteriös kränkelnden Sohn Philip und liebt skurrile Mahlzeiten: Garnelen mit Bohnensalat. Tyrannisch beherrscht sie ihr Personal und hasst ihre ebenfalls schwer exzentrische Schwiegertochter: Theodora, gerade mal sechzehn. Alles scheint sich aber in eine kaum zu durchschauende Kriminal-Groteske zu verwandeln: Joe Green, der gutseigene Schäfer, wird ohne Kopf gefunden. Wer war’s?
Nichts scheint mit rechten Dingen zuzugehen. Man meint es mit einem Märchen für schwer erziehbare Töchter in der Tradition von »Alice im Wunderland« zu tun zu haben. Denn wie könnte sonst Henry, der Hund mit Vergangenheit, so traulich plaudern? Und dann taucht auch noch Elisabeth auf, Philips erste Frau, die als verschollen galt. Doch wer ist Jeremy, der schneeweiße Herr mit dem Wolfskopf?
Auf den Spuren des Mörders werden wir unvermutet Zeugen einer rauschhaften Feier, dem »Fest des Lamms«. Was als harmloses Tanzvergnügen der unschuldigen Schafe anfängt, wächst sich zu einer reißenden Orgie aus. Die Lust am Blutgeruch lässt die Dämme brechen, macht die Schafe zu faszinierenden Komplizen des Tötens.
1940 auf der Flucht vor den Nazis in Frankreich geschrieben, gelang es Leonora Carrington mit diesem so leichten wie feingesponnenen Stück, den Blick in den Abgrund zu öffnen. Was zunächst wie ein traumverloren-surreales Märchen anmutet, erweist sich beim genaueren Hinsehen als ein realistisches Gemälde der bittersten Erfahrung unseres Jahrhunderts: Auf dem Höhepunkt der Raffinesse der bürgerlichen europäischen Kultur schlägt diese in überwunden geglaubte Bestialität um.
mit: Ingrid Cannonier (Mrs. Margret Carnis / Gespenst), Nik Neureiter (Philip, ihr ältester Sohn), Renate Knollmann (Elizabeth, Philips geschiedene Frau), Richard Putzinger (Jeremy, Philips Bruder), Karlheinz Habelt (Robert, Kammerdiener / Schaf), Joana Tscheinig (Violet, Stubenmädchen / Gwendolyn, Mrs. Carnis'' Mutter / Margret als Kind / Mary, ein schwarzes Schaf / Gespenst), Peter Greif (Joe Green, Schafhirte / Schaf), Thomas Schrimm (Henry, Mrs. Carnis'' Lieblingshund / Schafbock), Joana Tscheinig (Gwendolyn / Margret Carnis als Kind), Paul Schaeffer (Polizist / Gwendolyns Liebhaber / Schaf), Statisterie (Polizist/Ehemann), Statisterie (6 Schafe)
- Regie:
- Jochen Schölch
- Bühne:
- Fabian Lüdicke
- Kostüme:
- Andrea Fisser
- Choreografie:
- Katja Wachter
- Dramaturgie:
- Gabriele Rebholz
- Regieassistenz:
- Nele Matthies
- Inspizienz:
- Annette Reisser
- Soufflage:
- Ulrike Deschler
Premiere am
Großes Haus