Das Monster weint (UA)
Ein sentimentaler Schauer-Abend für Ingolstadt • Die »Autobiografischen Aufzeichnungen des Rudolf Höß« im szenischen Dialog mit Mary Shelleys »Frankenstein«
In den Kasematten am Turm Triva
Wir empfehlen unseren Zuschauern, warme Kleidung anzuziehen, da es in den Katakomben bedeutend kälter als draußen ist.
Ingolstadt. – Frankensteins Monster treibt auf einer Eisscholle und verschwindet in der Dunkelheit. Die realen Ungeheuer unserer Geschichte werden wir nicht so leicht los: Klaas Carel Faber, einer der zehn meistgesuchten NS-Kriegsverbrecher, lebt seit Jahrzehnten unbehelligt in Ingolstadt. Im benachbarten München fällt das Urteil gegen den schwer kranken John Demjanjuk, ehemals Aufseher im Lager Sobibor. Beide Täter werden das Wissen um die Beweggründe ihrer Taten trotzig mit ins Grab nehmen. Anders Rudolf Höß, Kommandant in Auschwitz und dort 1947 gehenkt: In seinen Memoiren inszeniert er sich als gewissenhaften Familienvater, der den Blumengarten seines Hauses in Auschwitz genoss und »unwillkürlich an die eigene Familie« denken musste, wenn die Gaskammern sich füllten. Nur zu gerne würden wir die Täter von Auschwitz zu sadistischen Monstern machen, um sie uns vom Leib zu halten – aber die grauenhafte Sentimentalität des Rudolf Höß schafft eine unangenehme Nähe. Auch die monströse Kreatur des Frankenstein in Mary Shelleys viktorianischem Schauerroman mit Schauplatz Ingolstadt tröstet sich über ihren Ausschluss aus der Gattung Mensch durch Selbstmitleid hinweg: »Keine Schuld, kein Unglück, keine Bosheit und kein Elend kann sich mit dem meinen messen.«
Wo also beginnt und wo endet die Menschlichkeit? Wenn sowohl Frankensteins Monster als auch der mit aller Perfektion organisierte Massenmord Produkt höchster zivilisatorischer Entwicklungen ihrer Zeit und gleichzeitig deren größtmögliche Entgleisung sind, wie weit darf dann der Stolz auf die Gattung Mensch gehen? Und: Schläft in jedem von uns ein Monster?
Ein dokumentarisch-erzählerischer Schauer-Abend für Ingolstadt über zusammengesetzte Gefühle, das Grauen und den Wahnsinn der Zivilisation.
mit: Patricia Coridun ( ), Barbara Schmick ( ), Karlheinz Habelt ( ), Ulrich Kielhorn ( ), Lukas Umlauft ( )
- Ausstattung:
- Mareike Delaquis Porschka
- Lene Grösch
- Regieassistenz:
- Janine Karl
- Inspizienz:
- Heidi Groß
- Soufflage:
- Manuela Brugger
Premiere am
Downtown