König Ubu / Ubus Prozess
von Alfred Jarry (aus dem Französischen von Eva Walch) / Simon Stephens (aus dem Englischen von Barbara Christ)
Eine Koproduktion mit dem Theater KOMA, Budapest
Alfred Jarrys Vater Ubu ist ein Lebemann. Er isst gern, er trinkt viel und er macht sich mit anderen gerne einen Spaß. Doch angestachelt von seiner Frau, die Königin werden möchte, beginnen Eitelkeit und Gier wie ein Geschwür in ihm zu wuchern. Da er nun aber auch ein erbärmlicher Feigling ist, braucht er Handlanger, die ihm den blutigen Weg zu Krone und Macht ebnen. Diese sind in einem schlagfertigen Hauptmann und einem fanatischen Jungsoldaten schnell zu finden und sofort zu jeder Drecksarbeit bereit. Der König wird hinterrücks ermordet, der Thronfolger vertrieben und Ubu setzt sich selbst die Krone aufs Haupt. Wie im Rausch verfolgt er daraufhin hemmungslos nur noch seine persönlichen Interessen: grenzenlose und skrupellose Habgier. Das Regieren entartet für Ubu zum Spiel, wo er alle nach seinem Willen tanzen lässt, nach allem greift, was er haben will, wo er von nichts und niemandem in die Schranken verwiesen werden kann. Der zotige Spaßmacher wird zum ungeschminkten Bösewicht. Dem Land und seiner Bevölkerung widerfährt eine Schreckensherrschaft, in der Massenmorde, Raub, Plünderung an der Tagesordnung stehen.
Jarrys Stück von 1896 zeigt in einer volksstückhaften Clownerie und Groteske den Entwurf des immer wiederkehrenden, unheilvollen Diktators.
Im zweiten Teil des Abends holt Simon Stephens Ubu in die Gegenwart und stellt ihn in einem Schauprozess vor den internationalen Gerichtshof, wo er wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Völkermord angeklagt ist. Er aber bekennt keinerlei Schuld. In seinem Verständnis ist er noch immer König des Landes, gegen den auch kein internationales Gesetz vorzugehen befugt ist. Zeugenaussagen seiner alten Weggefährten und der Opfer belegen faktisch die abertausende Verbrechen und Morde während seiner Amtszeit. Fakt ist laut seiner Verteidigung aber auch, dass Ubu nicht einen einzigen selbst verübt hat, seine Frau die treibende Kraft der Verschwörung war und der Hauptmann an seiner Bereicherung gewinnbringend partizipierte. Die Maßstäbe der Verantwortlichkeit, der Schuldzuweisung, die Handlungsmotivation des Angeklagten werden von den Vorsitzenden des Gerichtshofes unterschiedlich betrachtet und interpretiert. UBUS PROZESS von Simon Stephens verfolgt nicht nur ein schlichtes Bestrafungsgericht, sondern vor allem die Frage nach einer adäquaten Gerichtsbarkeit über einen Diktator, der die Menschenrechte mit Füßen getreten hat.
Die »danubia connection 10« ist eine Kulturreise der besonderen Art, die vom Stadttheater Ingolstadt alle zwei Jahre zu Theatern der Donauländer unternommen wird. In dieser Spielzeit führt sie nach Budapest. Genauer gesagt wird zunächst das Stadttheater Ingolstadt vom Theater KOMA aus Budapest aufgesucht. Der Leiter dieses Theaters, Vince Zrinyi Gál, ist mit seinen ungarischen Schauspielern und einer Kostümbildnerin Ende März bei uns angekommen. Gemeinsam mit Ensemblemitgliedern des Stadttheaters Ingolstadt bricht die Truppe nun zu einem ungewöhnlichen Produktions-Projekt auf, das am 11. Mai im Kleinen Haus zur Premiere kommen wird. Mit »König Ubu« von Alfred Jarry und »Ubus Prozess« von Simon Stephens sind an diesem Abend nicht nur zwei Stücke, sondern vor allem auch Schauspieler unterschiedlicher Theaterkulturen zu erleben. Und dies mit Dramen, die auf sehr verschiedene Weise, die immer wiederkehrenden Mechanismen von Gier und Macht beleuchten.
Vor dem Hintergrund der beklemmenden Nachrichten über die Radikalisierung der rechtspopulistischen Regierung in Ungarn und der ersten Verurteilung eines Menschenrechtsverletzers am Internationalen Strafgerichtshof streift diese „Danubia-Expedition“ mehr als brisante Themengebiete. Sie ist darüber hinaus eine Kulturbegegnung in mehreren Sprachen, mit unterschiedlichen Ausdrucksformen. Und wo kann dies plastischer zusammenfließen als am Theater!
mit: Sebastian Kreutz ( Vater Ubu), Teresa Trauth ( Mutter Ubu), Richard Putzinger ( Hauptmann Krack), Bálint Jaskó ( Keil), Sascha Römisch ( König / Verteidigung), Péter Valcz ( Buggerlas / Anklage), Péter Polgár ( Volk / Richter), Peter Greif ( Laski / Dr. Berg), Vince Zrinyi Gál ( Bauer / Inspektor)
- Regie:
- Vince Zrinyi Gál
- Bühne:
- Vince Zrinyi Gál
- Kostüme:
- Emese Pirityi
- Dramaturgie:
- Martina Leidig
- Regieassistenz:
- Katalin Naszály
- Soufflage:
- Susanne Wimmer
- Inspizienz:
- Eleonore Schilha
Premiere am
Kleines Haus