Eine Zierde für den Verein (UA)
von Marieluise Fleißer
für die Bühne bearbeitet von Christoph Nußbaumeder
Ingolstadt. – Die Soldaten sind in der Stadt, der Schwimmverein trainiert. Aus der Donau wird ein Ertrinkender gezogen. Der kühne Lebensretter ist der Schwimmer Gustl, Held für einige Zeit. Frieda verliebt sich in ihn, vor allem in seinen Körper und seine geistige Haltung. »Genau gedacht ist das Wesentliche des Sportsmanns sein Sportsgeist, eine bestimmte Kampfeinstellung des Lebensgefühls. Vielleicht kann der Mann der geistigen Arbeit von den Methoden, die der Sportsmann durchführt, lernen.« (Marieluise Fleißer)
Frieda ist eine selbständige Frau, die für sich und ihre minderjährige Schwester sorgt. Sie fährt Auto, hat einen Beruf, raucht und sie bewegt sich männerlos durch die Stadt, was sie suspekt macht, eine Früh-Emanzipierte. In Gustl sieht sie den »gesunden Barbaren«, den »Kenner der Natur«, dass er ihr intellektuell unterlegen ist, stört sie nicht weiter. Doch bald stoßen die beiden Lebensentwürfe hart zusammen. Gustl will Frieda heiraten, er will an ihr Erspartes, welches er dringend für den kleinen Zigarettenladen in der Ingolstädter Innenstadt braucht. Und er will durch die Ehe eine unbezahlte Arbeitskraft gewinnen. Frieda besteht auf ihrer Selbständigkeit und die Beziehung geht zu Bruch.
Nun bleibt Gustl nichts anderes, als noch fanatischer zu trainieren. Die verletzten Emotionen panzern den Körper durch neue Muskeln. Das sportliche Training gehört zur Leib- und Lustfeindlichkeit des kleinbürgerlichen Milieus, es geht um die asketische und aggressive Disziplinierung des Körpers. Und die Konkurrenz schläft nicht, junge Schwimmer drängen nach, holen die Rekorde. Bald wird Gustl zum alten Eisen gehören. Und wer ist er, wenn er kein Schwimmer mehr ist?
Die unterdrückte Lust kehrt als unbeherrschte Aggression zurück, fast vergewaltigt Gustl Friedas minderjährige Schwester. Frieda und ihre Schwester verschwinden. Was bleibt ist der Verein und seine Zierde, der Gustl und eine sich disziplinierende Männerwelt an der Schwelle zum Dritten Reich.
mit: Victoria Voss (Frieda Geier), Doris Buchrucker (Filomena Gillig/Frl. Matutina), Denise Matthey (Linchen/Ein Fräulein/Ein Nähmädchen/u.a.), Enrico Spohn (Gustl Gillig), Anjo Czernich (Riebsand/Scharrer/u.a.), Sascha Römisch (Stubenrauch/Zeck/u.a.), Ulrich Kielhorn (Minze/Direktor/u.a.)
- Regie:
- Donald Berkenhoff
- Bühnenbild:
- Donald Berkenhoff
- Kostüme:
- Monika Gebauer
- Dramaturgie:
- Knut Weber
- Regieassistenz:
- Katalin Naszály
- Soufflage:
- Constance Chabot-Jahn
- Inspizienz:
- Eleonore Schilha
Premiere am
Kleines Haus